Der Norden von Botsuana: Savuti National Park

Wildhunde gelten als die erfolgreichsten Jäger in der afrikanischen Steppe. Doch durch Krankheiten, insbesondere Tollwut, sind die Tiere vom Aussterben bedroht. Im Norden von Botsuana leben nur noch zwei Rudel, die noch dazu sehr scheu sind. Ein Besuch bei den gefährlichsten Jägern Afrikas.

Für jeden Afrika-Urlauber ist die Beobachtung der Big 5 das höchste der Gefühle. Doch manchmal sind es die kleineren, unbekannteren Tiere, welche die spezielle Faszination des Kontinents ausmachen. Zum Beispiel Wildhunde. Sie zeichnen sich durch ein einzigartiges Sozialverhalten in ihrem Rudel aus. Ob bei der Kindererziehung oder der Jagd: Jedes Mitglied hat seine genauen Aufgaben. Gerade bei der Nahrungsbeschaffung müssen sich die Tiere aufeinander verlassen können. Einzeln sind sie nicht die größten, stärksten und auch nicht die schnellsten Raubtiere. Bei ihnen zählt die Arbeit im Kollektiv. Und diese ist mehr als bemerkenswert: Mit einer Erfolgsquote bei der Jagd von über 70 % sind Wildhunde die effektivsten Raubtiere in Afrika. Zum Vergleich: Die Erfolgsquote von Löwen liegt gerade einmal bei 45 %. Doch der wachsende Kontakt mit menschlichen Siedlungen hat die Bestände in den letzten Jahres drastisch reduziert. Domestizierte Artverwandte haben gefährliche Krankheiten wie Tollwut auf die Wildhunde übertragen. Im Norden von Botsuana leben momentan nur noch zwei Rudel mit insgesamt 14 Tieren im Savuti National Park. Diese aufzuspüren erweist sich als das sprichwörtliche Suchen nach der Nadel im Heuhaufen.

Bei unserer Ankunft im Savuti National Park zeigt sich das Wetter von seiner besten Seite: Die Mittagssonne brennt auf den sandigen Boden, als wir unseren Campingplatz erreichen. Nachdem wir unsere Zelte aufgestellt haben, machen wir es wie die Tiere und relaxen bis die größte Hitze vorbei ist. Dunkle Gewitterwolken ziehen bereits auf, als wir uns auf die abendliche Pirschfahrt begeben. In der Ferne sieht man die tiefschwarzen Regenwolken, die ihr Nass über die weite Ebene verteilen. Der Himmel bietet dadurch ein einzigartiges Farbenspiel, da die untergehende Sonne einen rot-orangenen Kontrast ermöglicht. Unter einem mehr als 1000 Jahre alten Baobab (Affenbrotbaum) beobachten wir den Sonnenuntergang. Auf dem Rückweg zu unserem Zeltplatz kreuzt ein Leopard unseren Weg. Weil das Gras am Ende der Regenzeit sehr hoch steht, nutzt die Raubkatze die Sandpiste um schneller voran zu kommen. Die Begegnung ist aber leider nur von kurzer Dauer. Die imposante, ca. 1,80 m große Raubkatze verharrt kurz direkt neben unserem Jeep und mustert uns mit einem abschätzenden Blick, bevor sie sich schnell und geschickt ins Unterholz begibt.

Fledermäuse kreisen über unseren Köpfen und eine Zebraherde galoppiert vorbei, als wir beim abendlichen Lagerfeuer die Erlebnisse des Tages besprechen, bevor wir uns schlafen legen. Wildes Geschrei lässt uns allerdings mitten in der Nacht aufschrecken. Unser Lager ist zum Treffpunkt von Hyänen geworden. Die Tiere schleichen um die Zelte und schnuppern mit ihren großen Nasen an allen Ecken, auf der Suche nach etwas Essbarem. Doch sie werden bei uns nicht fündig und ziehen unter großem Geschrei davon. Auch der Leopard ist in der Nähe auf der Jagd: Am nächsten Morgen entdecken wir den Kadaver eines Impala-Bocks, der Nahe unseres Zeltplatzes an einen Ast gebunden ist. Das Raubtier hat sich seine Beute ordentlich schmecken lassen, bevor es die Überreste am Baum zurückgelassen hat und sich selbst im hohen Gras versteckt hat.

Bei unserer morgendlichen Pirschfahrt haben wir aber das große Los gezogen und entdecken an einem Wasserloch ein neunköpfiges Wildhund-Rudel. Das hohe Gras ist ein Vorteil für die Tiere, da sie sich mit ihrem gescheckten Fell sehr gut tarnen können. Doch die Umgebung rund um das kleine Wasserloch ermöglicht einen sehr guten Blick auf die grazilen Jäger mit ihren schmalen Oberkörpern und dünnen Beinen. Bei diesem Anblick kann man sich nur schwer vorstellen, dass man einem der gefährlichsten Raubtiere Afrikas gegenübersteht.

Um ihre Gefährlichkeit zu unterstreichen, geben uns die Wildhunde einen ersten Einblick in ihr Jagdrepertoire: Ein einzelnes Gnu hat sich ebenfalls an das Wasserloch gewagt und ist dabei in das Visier der Jäger gerückt. Die Wildhunde demonstrieren ihre Stärke, indem sie sich mehrmals an das Gnu anschleichen und es aufschrecken. Doch es ist nur eine Art "Muskelspiel", denn bereits nach wenigen Minuten ziehen die Wildhunde gelangweilt weiter, ohne ihrem potenziellen Opfer eines weiteren Blickes zu würdigen.

Erst bei den ersten Sonnenstrahlen, die sich im Tau der Savuti-Marsch reflektieren, am nächsten Morgen können wir uns von den ausgezeichneten Jagdeigenschaften der Wildhunde überzeugen. Mit angelegten Ohren und tief ins Gras geduckt schleichen sich die Hunde an eine Gruppe Antilopen heran. Nachdem sie die Grasfresser aufgeschreckt haben und eine erste Unruhe in der weiten Savanne herrscht, zeigt sich, dass es sich dabei nur um eine Ablenkung gehandelt hatte. Als eigentliches Ziel haben sich die Wildhunde ein Warzenschwein ausgesucht, das in einiger Entfernung gerade am Frühstücken ist. Schnell gehen die Jäger in ihre Formation und schleichen sich in einer Reihe an ihr Opfer an. Der Rudelanführer gibt durch seinen ersten Sprint das abgesprochene Signal zum Angriff und es entwickelt sich eine wilde Verfolgungsjagd. Vorneweg das Warzenschwein mit aufgestelltem Schwanz und wild quickend, wissend, dass sein Leben bald zu Ende sein könnte. Dahinter die Wildhunde, die in rasendem Spurt ihre Beute nicht mehr aus den Augen lassen. Und zu guter Letzt unser Jeep, der mit rund 70 km/h schaukelnd über den Prärieweg donnert, um den Anschluss an die Tiere zu halten – was trotz U-Turn, wildem Rückwärtsfahren und unzähligen Hacken leider nicht bis zum Ende gelingt. Geflasht von der Jagd, aber auch ein bisschen enttäuscht den Ausgang verpasst zu haben, bleiben wir in der Weite von Savuti zurück – wohl wissend, einem einmaligen Naturschauspiel beigewohnt zu haben. Selbst unser Guide, der seit 15 Jahren Afrika bereist, hat eine Wildhundjagd noch nicht miterlebt. Hoffen wir, dass diese Tiere uns noch lange erhalten bleiben.

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